Messe in Hannover - didacta: Interview mit der niedersächsisches Kultusministerin Frauke Heiligenstadt - Messen.de

18. Februar 2015 12:26

Messe in Hannover - didacta: Interview mit der niedersächsisches Kultusministerin Frauke Heiligenstadt

G8 oder G9 in der Diskussion - nicht nur Niedersachsen hat die Umstellung auf das achtjährige Gymnasium in Frage gestellt.
Dieses Thema steht auch kommende Woche im Focus der Bildungsmesse didacta Hannover (24. bis 28. Februar 2015).
Denn der Regierungswechsel in Niedersachsen vor zwei Jahren macht sich insbesondere auch in der Bildungspolitik bemerkbar: Mit der Schulgesetznovelle wird in diesem Jahr wieder das neunjährige Gymnasium eingeführt, die Gesamtschulen werden gestärkt und verbindliche Schullaufbahnempfehlungen am Ende der Grundschulzeit wird es nicht mehr geben.
Im Vorfeld der didacta 2015 in Hannover erläutert die niedersächsische Kultusministerin Frauke Heiligenstadt die Gründe für diese Veränderungen.

Frage: Im Jahr 2004 wurde in Niedersachsen das achtjährige Gymnasium eingeführt. Die damalige niedersächsische Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) feierte vier Jahre später diese Umstellung als Erfolg. Sie rudern nun zurück. Mit der Schulgesetznovelle soll ab 2015 das neunjährige Gymnasium wieder eingeführt werden. Warum hat sich die verkürzte Gymnasialzeit nicht bewährt?
Frauke Heiligenstadt: Das G8 wurde damals im Eilverfahren eingeführt. Das hat in der Folge zu Druck und Stress in den Klassenzimmern geführt, bei Schülerinnen und Schülern, aber auch bei Lehrkräften. Für viele Familien war die verkürzte Schulzeit insgesamt eine Belastung. Aus der übereilten Einführung des G8 haben wir gelernt und in einem breit angelegten Dialog und mit der notwendigen Zeit für fachliche Erwägungen darüber diskutiert, welche Wege es gibt, die Schwierigkeiten zu beheben. Das Ergebnis ist, dass wir den Schülerinnen und Schülern wieder mehr Zeit zum Lernen und Leben geben werden mit einem neuen Abitur nach neun Jahren.
Lassen Sie mich dabei eines deutlich sagen: Wir rudern nicht zurück, wir gestalten ein neues modernes Abitur, das viele innovative Komponenten in sich vereinen wird. So stärken wir die Kernkompetenzen im Bereich Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen. Gleichzeitig bleibt mehr Zeit, um jede Schülerin und jeden Schüler besser individuell zu fördern und den Übergang von der Schule in den Beruf besser vorzubereiten. Mit der Intensivierung und Verankerung der Studienorientierung wird Studienabbrüchen im Vorfeld entgegengewirkt. Niedersachsen möchte aber auch mehr Abiturientinnen und Abiturienten für die duale Ausbildung begeistern – darum wird die Berufsorientierung fester Bestandteil des Gymnasiums. Mit diesem Ansatz sichern wir die hohe Qualität des Abiturs in Niedersachsen, fördern vertieftes nachhaltiges Lernen und bereiten die jungen Menschen besser auf das Leben nach der Schule vor.

Frage: Mit der Schulgesetznovelle soll auch die Inklusion vorangebracht werden, unter anderem durch Regionalstellen für schulische Inklusion. Dies klingt nicht nach einem flächendeckenden schulischen Angebot. Ist dies also gar nicht beabsichtigt?
Frauke Heiligenstadt: Nach fachlichen Hinweisen im Zuge des Anhörungsverfahrens haben wir uns entschlossen, dass die Förderschulen ihre Funktion als Förderzentren behalten und wir insgesamt der Umsetzung der Inklusion mehr Zeit geben. Die Regionalstellen für schulische Inklusion sind nicht Gegenstand der Schulgesetznovelle. Wir arbeiten aber nach wie vor daran und wollen gemeinsam Konzepte und verschiedene Varianten im Detail entwickeln.



Frage: Bei den Übergängen zu den weiterführenden Schulen verfahren die Bundesländer unterschiedlich, der Elternwille wird mal mehr, mal weniger berücksichtigt. Niedersachsen will nun auf verbindliche Schullaufbahnempfehlungen verzichten. Setzen Sie damit ausschließlich auf die Kompetenzen der Eltern in dieser Frage?
Frauke Heiligenstadt: Bereits seit Jahren wählen die Eltern sehr verantwortungsbewusst die Schulform aus, die sie für ihr Kind am geeignetsten halten. Wir wollen die Eltern auf ihrem Entscheidungsweg unterstützen. Aus diesem Grund sieht unser Gesetzentwurf zwei Beratungsgespräche durch die Grundschulen vor. Dies erweitert den pädagogischen Spielraum der Lehrkräfte und unterstützt die Erziehungsberechtigten, die richtige Entscheidung bei der Wahl der weiterführenden Schule für ihr Kind zu fällen. Die Schullaufbahnempfehlung in ihrer bisherigen Form führt schon sehr früh in der Grundschule zu einem Druck, der nicht in die Grundschule gehört.

Frage: Viel Ärger hat die Erhöhung der Lehrverpflichtung für Gymnasiallehrer um eine Stunde hervorgerufen – bis hin zum Schulfahrten-Boykott etlicher Gymnasien. Sehen Sie unterdessen Chancen für eine Lösung des Konflikts?
Frauke Heiligenstadt: Ich bin ständig mit allen Beteiligten im Gespräch. Fakt ist: An vielen Gymnasien finden Klassenfahrten statt, an anderen haben die Lehrkräfte entschieden, diese zu streichen. Das allein zeigt schon, es gibt keinen Grund, dass Klassenfahrten ausfallen müssen. Dies zeigt sich auch durch das Beispiel der Gesamtschulen: Hier haben die Lehrkräfte von jeher eine Unterrichtsverpflichtung von 24,5 Wochenstunden und die Klassenfahrten finden selbstverständlich statt! Das gilt umso mehr, als dass wir ein umfangreiches Entlastungspaket für die Lehrkräfte geschnürt haben. Dazu gehört unter anderem ein geringerer Korrekturaufwand im neuen Abitur nach 13 Schuljahren, aber auch ein extra auf Lehrkräfte zugeschnittenes Modell der Altersteilzeit, um früher aus dem aktiven Dienst zu scheiden. Persönlich finde ich es sehr bedauerlich, dass das Streichen von Klassenfahrten als politisches Druckmittel zu Lasten der Schülerinnen und Schüler eingesetzt wird.

Frage: Mit der Schulgesetznovelle werden die Gesamtschulen gestärkt. Denn die Kommunen als Schulträger müssen nicht mehr neben einer Gesamtschule zusätzlich alle anderen Schulformen anbieten. Welche Rolle wird die Oberschule in der Zukunft noch haben? Ich halte es für richtig, die Diskriminierung von Gesamtschulen weiterhin abzubauen
Frauke Heiligenstadt: Bei der Oberschule ändert sich nichts. Sie gehört in unsere Vielfalt wie jede andere Schulform auch. Wir haben weder vor, eine Schulform abzuschaffen, noch werden wir eine neue Schulform erfinden. Allerdings gibt es seit Jahren den Trend, dass immer weniger Schülerinnen und Schüler an Haupt- und Realschulen wechseln. Das hat damit zu tun, dass die Eltern die Schullaufbahn ihrer Kinder möglichst lange offen halten wollen und daher die Nachfrage nach Gesamtschulen und Oberschulen zunimmt. Daher halte ich es für richtig, die Diskriminierung von Gesamtschulen weiterhin abzubauen und sie wie die Oberschulen als so genannte ersetzende Schulform zu ermöglichen. Die Schulträger erhalten so mehr Gestaltungsspielraum und können ihre Schullandschaft entlang der regionalen Bedingungen zukunftsfähig gestalten.

Die Messe Hannover öffnet ihre Tore für die didacta Hannover 2015 vom 24. bis 28. Februar jeweils von 9 bis 18 Uhr.
Preise: Die Tageskarte kostet 15 Euro, ermäßigt 8 Euro. Das Nachmittagsticket (ab 13 Uhr) kostet 10 Euro.

Städteübersicht für weitere Messen in Niedersachsen.

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